Rainer Kröning, Berlin

Strukturieren

"von lat. struere: schichten, neben- oder übereinanderlegen, .."

Titelbild

Strukturieren ist die Kunst, zuverlässig zu bestimmen, was unten und was oben ist. Sonst geht es drunter und drüber. Jedes Element eines Produkts müssen Sie in Gruppen, Teilsysteme und ähnliches hierarchisch gliedern. Zum Gesamtprodukt gehören sämtliche Leistungen, die zur Erstellung gebraucht werden! Unter der Spitze des Eisbergs "bestelltes Produkt" befinden sich unter anderem die Umgebung Ihrer Softwareproduktion und große Teile der Dokumentation.

Die Fragen, die Sie sich als Projektleiter beantworten lassen müssen, sind: ?Was wird verlangt? Was braucht der Kunde zur Erfüllung seiner Anforderungen? Und was brauchen wir darüber hinaus zur Produkterstellung?" Sie fragen unter anderem den Systemingenieur und zeigen die Ergebnisse und Teilergebnisse in der PRODUKTSTRUKTUR auf.
Dann leiten Sie das Wie-komme-ich-zu-den-Teilergebnissen daraus ab: den Beschaffungsvorgang in Form von Arbeitspaketen für die PROJEKTSTRUKTUR. Kombiniert mit dem Wann, der Bestimmung des Beschaffungszeitraums, ergeben sich daraus die PHASENSTRUKTUREN. Zusätzlich und extra betrachten Sie die Arbeitspakete, die sich aus Zulieferungen ergeben sowie diejenigen, die Qualität des werdenden Produkts sicherstellen. Was dann noch fehlt zum nächsten Schritt ist die genaue Beschreibung aller Arbeitspakete.

 Motto

Kreatives Chaos ist nur was für Genies.

Produktstruktur

Unter Produktstruktur versteht man im Rahmen der Projektplanung die hierarchische Gliederung der Bestandteile des zu erstellenden Produktes und aller darüber hinaus im Projekt zu erbringenden Leistungen.

Ziel der Strukturierungen in diesem Sinne ist die vollständige Erfassung aller Elemente, die Aufwand und Kosten verursachen, sowie das Aufzeigen des Weges zum Produkt in der PROJEKTSTRUKTUR; das zu liefernde Ergebnis ?Produkt' ist Teil der PRODUKTSTRUKTUR.

Ihnen steht ein Systemingenieur zur Seite, der die informationstechnische Architektur der angestrebten Gesamtlösung entwirft; er ist auf die Funktionalität des Ganzen fixiert, wohingegen Sie den rationellen Herstellungsprozeß im Auge haben. Auf Ihren technischen Sachverstand kommt es allerdings genauso an. Strukturieren ist mehr als Kästchenausfüllen! Aus dem technischen Modell des Systems müssen Sie die PRODUKTSTRUKTUR ableiten.

 Beispiel: Kenntnisstand über ein Produkt aus technischer Sicht

Möglicherweise erhalten Sie eine Reihe von Papieren: 20 Seiten Kundenunterlagen, mit "Lastenheftquot; überschrieben, 2 Seiten Gliederungspunkte, die die Überschrift quot;Pflichtenheftquot; tragen, die Skizze eines bescheidenen Netzwerks mit Personalcomputern und Host, 10 Seiten Prozeßabläufe, diverse technische Beschreibungen über mögliche Anwendungsrahmen, 3 Seiten Source-Code-Listing mit der Überschrift quot;Oracle-Zugriffequot;. Das Produkt solle XYZ heißen, und man sei bei der Erstellung des Grobkonzepts. Die Struktur könne man schon aus dem Lastenheft ersehen. Natürlich sei noch einiges nicht ganz geklärt.

Machen Sie was draus! Die Entwicklung hat bereits ein ziemlich klares Bild davon,    wie das künftige System = Produkt funktionieren soll,    was die nächsten Schritte sind    welche technischen Anforderungen gestellt werden. Der Systemingenieur wird an den Phasenübergängen seine Sichtweise mehrfach ändern (müssen). Änderungen der Struktur vollziehen Sie und die Planung mit.

Die hierarchische Gliederung der Bestandteile des Produkts ...

Sie als Manager des Herstellungsprozesses müssen sich über das kleinteilige Was der Produktentwicklung erst klar werden.
Sie beschreiben das Gesamtsystem in Form einer PRODUKTSTRUKTUR. Inhalte können sich ändern, aber nicht die Sichtweise. Alle Arbeiten werden aus diesem einen Modell abgeleitet. Alle Arbeiten im Projekt müssen dem Ziel dienen. Das Modell ist immer vollständig, wie detailliert es auch sei. Substantielle Änderungen der Struktur müssen zwangsläufig zu Vertragsänderungen mit dem Auftraggeber führen, soweit der Lieferumfang betroffen ist.

Grundelemente einer Produktstruktur

Irgendwann zwischen dem xten und ysten individuellen Strukturentwurf in Vorläuferprojekten fielen die Ähnlichkeiten in den oberen Ebenen aller Strukturen auf. Die geballte Erfahrung aus Hunderten von Projekten hat eine Grundstruktur zu Tage gefördert, die disziplinübergreifend - ob auf Gerätetechnik oder Betriebswirtschaft - paßt. Sie ist im folgenden in ihren drei Grundbestandteilen abgebildet.

Die Summe der Strukturen   Kundensystem   Entwicklungsdokumente und   Softwareproduktionsumgebung ergibt die PRODUKTSTRUKTUR.
Das Kundensystem ...
enthä alle Teile, die zu dem späterhin ablauffähigen System gehören, egal ob es sich um Anwendersoftwareprojekte für Standardprodukte, Produktionsprojekte oder Kundensystemprojekte handelt.
Die Hardware
oder Teile davon sind häufig erst Entwicklungsvehikel und später Teile des Produkts; Hardware kann sowohl unter "Kundensystem" auftauchen als auch unter "Softwareproduktionsumgebung" (SPU).
Die Software
ist sinngemäß wie die Hardware zu behandeln, wenn sie sowohl als Tool dient als auch Bestandteil des Produkts wird, Oberflächengeneratoren zum Beispiel.
Die Entwicklungsdokumente
sind das vornehmlich in Papier gegossene Ebenbild des Produkts. Sie haben als dauerhafte Produktbestandteile ihre Daseinsberechtigung, da die Produkte (Systeme) nicht nur betrieben, sondern auch gewartet, angepaßt und erweitert werden müssen. Prinzipiell sollte keins davon dem Reißwolf preisgegeben werden. Welche Teile vom Kunden selbst stammen, welche auszuliefern oder lediglich aufzubewahren sind, bestimmt der Vertrag mit dem Auftraggeber.
Die Softwareproduktionsumgebung
brauchen Sie auch: Hard- und Software für Projektplanung und -steuerung, für Entwurf, Entwicklung, Test und Verwaltung aller Bestandteile von Produkt und Zwischenprodukten.
Das Testsystem,
auch Antiprodukt genannt, kann in wartungstechnischer Hinsicht ähnliche Bedeutung wie die Dokumentation haben. Also nicht einstampfen. Selten wird es mit ausgeliefert, es gehört fast immer zur SPU.

So strukturieren Sie:

Was aus den technischen Unterlagen erkennbar ist, wird in die Grundstruktur übertragen. Überwiegend verfeinern Sie Sammel- und Überbegriffe, punktuell wird auch ersetzt.
Nicht mehr als 7 Teile in eine Gruppe packen, lieber eine zusätzliche Untergruppe bilden: Aus 9 Teilen kann man 2 Gruppen mit 5 und 4 Teilen auf einer zusätzlichen Gliederungsebene machen.   Singles möglichst in eine Gruppe einordnen.
Offene Fragen bezüglich des vorliegenden technischen Materials müssen Sie klären, damit Ihre PRODUKTSTRUKTUR keine weißen Flecken enthä. Nach einer weiteren Klärung sollte jedes Element der Grundstruktur einen Status haben:    zu verfeinern oder zu klären    in Arbeit    gilt als sicher    fertig.
Für das konkrete Produkt nicht erforderliche Elemente der Grundstruktur können Sie streichen mit dem Status   nicht relevant.
Mit der Frage "Sein oder nicht Sein" an alle Elemente der Grundstruktur sorgen Sie für die vollständige Auflistung aller Ergebnisse. Sie wollen nichts "Unschätzbares" im Projekt haben und, vor allem, nichts vergessen!

Die Struktur "lebt", das heißt, sie wird mit fortschreitendem Projekt immer feiner, in der Regel bis zum Ende der Analysephasen (Design).

Bei Änderungen müssen Sie immer prüfen, ob es sich um Detaillierungen, Klärungen oder vertragsrelevante Veränderungen handelt. Letztere sind voll und ganz als Change Requests zu behandeln.
Sie persönlich müssen die PRODUKTSTRUKTUR pflegen.

... und aller darüber hinaus zu erbringenden Leistungen

Was nicht unter Kundensystem einzusortieren ist, ist der nicht verkaufbare Teil des Produkts. Übrig bleiben gewöhnlich:   Teile der Dokumentation   das Testsystem    die gesamte Softwareproduktionsumgebung    häufig auch die Hardware oder Teile davon. Viele der nicht verkaufbaren Elemente sind nicht zum Nulltarif zu haben, für die Produkterstellung werden sie aber gebraucht!

Die Grundstruktur stellt weitgehend sicher, dass     alle kostenverursachenden Elemente in der Produktstruktur enthalten sind    nicht verkaufbare, weil nicht bestellte, Elemente ?Unkosten' sind    die Entwicklungsseite animiert wird, rechtzeitig über angeblich selbstverständliche, unproduktive und ? vor allem ? über bereits vorhandene Elemente nachzudenken.

Phasen- und Projektstruktur

Als nächstes beantworten Sie, wie und wann Sie zu den Ergebnissen kommen wollen. Die PROJEKTSTRUKTUR enthä alle Tätigkeiten zur Erzeugung der in der PRODUKTSTRUKTUR festgelegten Ergebnisse / Zwischenergebnisse. Eine Teilmenge davon ist die PHASENSTRUKTUR, die die Tätigkeiten pro Phase aufzeigt.

Welche Prozeßschritte man am besten zu einer Phase zusammenfaßt, hängt ab von der Projektgröße. Definieren Sie Phasen von 2-4 Monaten Dauer.

Tätigkeiten

 Mit der Fragestellung: "Wie komme ich zu dem Produkt?" wird signalisiert, dass Erstellen = Selbermachen nicht die einzige Möglichkeit ist. Bekommen, beschaffen sind die passenderen Begriffe. Beschaffen kann sein:   kaufen    herstellen    herstellen lassen     wird beigestellt oder zugeliefert (vom oder auf Veranlassung des Auftraggebers)  ist vorhanden (im eigenen Hause). Die erforderlichen Tätigkeiten lassen sich immer einer der Kategorien "Definieren", "Realisieren" beziehungsweise "Integrieren" zuordnen.

Eine Tätigkeitsfolge heißt Arbeitspaket, ein Ergebnis plus Tätigkeitsfolge ergibt den Arbeitspaketnamen, mehrere Tätigkeitsfolgen definieren die Arbeit.  "Arbeitspakete sind identifizierte Arbeitsmengen mit definierten Ergebnissen, für die Aufwand, Zeitrahmen und Verantwortung geplant werden."
Für jedes (!) einzelne Element der PRODUKTSTRUKTUR ist im Laufe der Planung konkret zu entscheiden, auf welche Weise es beschafft werden soll.

Definieren

Jedes Produktstrukturelement bedarf der Definition oder Spezifikation, und in der PRODUKTSTRUKTUR sind Definitionen teilweise bereits inbegriffen.

Die meisten Definitionen der Analysephasen führen Sie als eigene Elemente in der PRODUKTSTRUKTUR auf. Zur Ableitung von Arbeitspaketen für die PHASENSTRUKTUR beziehungsweise die PROJEKTSTRUKTUR verbleiben Ihnen mehrheitlich redaktionelle Arbeiten.
Nacharbeiten und Klärungen sind nicht selten und keineswegs ohne Aufwand zu haben. Beispielsweise kann die Auswahl eines Tools zu einem nennenswerten Vorgang werden!

Ein paar sprachliche Varianten fürs Definieren lauten:  Kundenanforderungen werden aufgenommen    für Pflichtenhefte wird die Standardgliederung übernommen     Entwicklungshardware ist vorhanden     die Dokumentation wird entworfen     die Software wird spezifiziert.

Realisieren

Um die Arbeitspakete zu konkretisieren, müssen Sie die Tätigkeitsfolgen beherrschen (= die Arbeit kennen) sowie wissen, welche Beschaffungsweise paßt, und dass es nicht allzuviele sprachliche Variationen gibt.

Die Kombination von Ergebnis und Beschaffung läßt einige erprobte Begriffe für Tätigkeiten zu:     Hardware: kaufen - bestellen, verfolgen   Testtool: wird zugeliefert - installieren, einarbeiten   Gebrauchsanweisung: entwerfen - schreiben   Infrastruktur: ist vorhanden - reservieren   Subkomponente: herstellen lassen - bestellen, verfolgen  Softwaremodul: herstellen - codieren.

Integrieren

Jedes der Produktstrukturelemente muß integriert werden, und zwar auf der Ebene von gleichrangigen Elementen zu einem Gruppenelement und stufenweise zum Gesamtprodukt. Ein Prüfvorgang ? visueller Art oder Erprobung oder Test ? ist immer inbegriffen.
Jeder Integrationsvorgang bedeutet Arbeit, auch wenn man es auf den ersten Blick nicht vermutet. Die Softwareproduktionsumgebung ist nur indirekt in das Produkt integriert; sie wird quasi abgelöst und teilweise archiviert.

Begrifflich gibt es wenig Variationen:   Unterlagen werden abgenommen.   Das Gesamtsystem wird getestet und abgenommen.

Leitprozeß als Achse

Der Leitprozeß legt mit dem Phasenmodell als Zeitachse fest, wann welche Arbeiten erfolgen müssen. In dieses Schema tragen Sie die Arbeitspakete ein. Diese bezeichnen ein Zwischenergebnis der PRODUKTSTRUKTUR und was damit getan werden soll. Die Summe aller Arbeitspakete ist die PROJEKTSTRUKTUR. Eine Teilmenge davon, je nach Gliederung eine oder mehrere Spalten mit Arbeitspaketen, ist die PHASENSTRUKTUR.

Produktstruktur Tätigkeit innerhalb einer Phase oder
Tätigkeit über mehrer/alle Phasen
Kundensystem          
...          
Entwicklungsdokumente          
...          
SPU          
...          

PRODUKTSTRUKTUR im Phasenraster - schematisches Prinzip

Verfeinerung der Phasen-/Projektstruktur

Die ersten Entwürfe sind oft noch unausgewogen, zu unkonkret. Von daher müssen Sie einige Tätigkeitsfolgen verfeinern. Das können Sie auf zwei Arten tun:

Zur Projektsteuerung haben sich Arbeitspakete in der Größenordnung von 2-6 Wochen als sehr sinnvoll herausgestellt.
Erweitern Sie in der PHASENSTRUKTUR die Tätigkeiten für ein Ergebnis.
Produktstruktur Tätigkeit innerhalb einer Phase
Grobkonzept gliedern Machbarkeit
untersuchen
schreiben reviewen verteilen
...          

Verfeinerte PHASENSTRUKTUR - Ausschnitt

Die zweite Möglichkeit ist die Verfeinerung der PRODUKTSTRUKTUR.
Produktstruktur Tätigkeit innerhalb einer Phase
Grobkonzept   reviewen verteilen
 Gliederung erstellen    
 Machbarkeitsuntersuchung durchführen    
 Kapitel 1 schreiben    
 Kapitel 2 schreiben    
 ...      

Verfeinerte PRODUKTSTRUKTUR - Ausschnitt

Startphase

Eine der wichtigsten Eingangsüberlegungen ist: Wo fängt das Projekt an?
    Eine Auftragsentwicklung setzt für uns dort ein, wo der Auftraggeber aufgehört hat, selbst zu entwickeln.     Eine Auftragsentwicklung endet für uns dort, wo der Auftraggeber sein Produkt wieder selbst in die Hand nimmt.     Für die Entwicklung von Standardprodukten gilt der volle Phasenzyklus.

Die Startphase hat grundsätzlich Nacharbeitscharakter, das heißt, Sie müssen fehlende Definitionen beschaffen und/oder konsistent machen. Man wird die Startphase so bestimmen, dass mit Sicherheit keine Arbeiten aus Vorphasen mehr anfallen, und ihr die jüngsten Eingangsinformationen zuordnen.

Alle Strukturen in einem Schema

Verwenden Sie zur Aufzeichnung der Strukturen ein Programm, mit dem Sie leicht Tabellen bearbeiten können.

In die linke Spalte tragen Sie die Produktstruktur ein. Die horizontale Achse dient der Zeiteinteilung für die Tätigkeitsfolgen. Ganz wie erforderlich tragen Sie die Tätigkeiten innerhalb einer Phase ein, dann ergibt sich die PHASENSTRUKTUR. Oder Sie benennen die Tätigkeiten über mehrere / alle Phasen, dann ergibt sich die PROJEKTSTRUKTUR.
Produktstruktur Tätigkeit über mehrere/alle Phasen
  Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase . Phase . Phase n
Produkt   klären spezifiz.   integrier. abnehm.
 Kundensystem   klären spezifiz.   integrier. abnehm.
  Hardware           installier.
   2 Rechner x           beistell.
   5 Rechner y           beistell.
   Netzwerk   klären   bestell. integrier.  
   Endgeräte           beistell.
  Software   klären spezifiz.   integrier.  
   Betriebssystem           beistell.
   Datenbaksoftware           beistell.
   Anwendersoftware   klären spezifiz.   integrier.  
    Oberfläche     spezifiz. implem. integrier.  
    Datenhaltung     spezifiz. implem. integrier.  
    Kommunikation     spezifiz. implem. integrier.  
...            

PRODUKT-, PROJEKT- und PHASENSTRUKTUR auf einen Blick - Ausschnitt

Zulieferungen

Um heutzutage Systemlösungen zu entwickeln, muß man mehr und mehr Teile des Systems auf dem Markt einkaufen. Hinter jeder Zulieferung steht in der Regel ein Prozeß, der aus mehreren Phasen mit Phasenergebnissen besteht. Die zugehörigen Arbeitspakete gehören zur PROJEKTSTRUKTUR; sie müssen separat im ZULIEFERPLAN erfaßt werden, damit man sie beachtet und damit man sie steuern kann.

Welche Teile des Systems Sie selbst herstellen und welche zugekauft werden sollen, legen Sie im Rahmen des DV-Grobkonzepts fest. Sie haben in der Regel die Wahl zwischen Konfektion und Maßarbeit. Für alle Zulieferungen müssen Sie planen,    wer liefert    was    wann    in welcher Qualität und    wie die Eingangsprüfung erfolgt.

Gängige Anwendungsprogramme beispielsweise, Konfektionswaren also, sind Ihnen in Leistungsfähigkeit und Qualität bekannt, die Beschaffung ist kurzfristig möglich. Wenn Sie hingegen Maßarbeit benötigen, müssen Sie zunächst die Anforderungen an die Zulieferung spezifizieren, das heißt, Sie müssen das an Informationen und Vorschriften liefern, was Sie sonst von Ihren Auftraggebern fordern. Steht die Spezifikation, dann müssen Sie sich einen Lieferanten suchen (in kritischen Fällen auch zwei ? second source), der diese Ware liefern kann.

Hausinterne Lieferungen

Möglicherweise ergibt es sich, dass ein Kollege zufällig ein Programm schreibt, das Sie einsetzen könnten ? wenn die Rechte daran nicht beim Auftraggeber liegen. Auch hausinterne Lieferungen wie beispielsweise durch die Handbuchredaktion erstellte Technikdokumentation werden wie Zulieferungen abgewickelt.

Planen Sie Aufwand ein für Input an Handbuchautoren, für Besprechungen und das Prüfen von Änderungen. Interne Software müssen Sie zwar nicht über den Einkauf bestellen, aber Sie müssen die termingerechte Fertigstellung überwachen und eine Eingangsprüfung durchführen.

Beistellungen

Projekte beginnen in den seltensten Fällen auf der grünen Wiese, das heißt bei P10 (Problemstellung). Eher erhä der Projektleiter vom Auftraggeber eine Beistellung in Form einer Spezifikation oder eines anzupassenden Produkts.

Stellen Sie fest, welcher Meilenstein gemäß Leitprozeß erreicht ist. Falls es Abweichungen zu zurückliegenden Meilensteinen gibt, muß soweit nachgearbeitet werden, bis sich das Projekt definieren läßt. Die Tätigkeiten dafür müssen Sie in die PROJEKTSTRUKTUR einbetten, die Aufwände und Kosten bei der PHASENKALKULATION berücksichtigen.

Zulieferplan

Für die Aufstellung aller Zulieferungen verwenden Sie das Formular ZULIEFERPLAN. Es begleitet Sie vom Strukturieren an über das Planen bis zum Steuern des Projekts, sozusagen auf allen Ihren Wegen.

In der Spalte für die Bezeichnung der Zulieferung müssen Sie die vereinbarte Form und Qualität und einen Verantwortlichen benennen; bei der Terminplanung kommen für den Eingangstermin der Plan-Termin, dann bei der Steuerung der Ist-Termin dazu.
Zulieferung Eingangsprüfung Einsatz
Nr. Z: Bezeichnung
F: Form und Qualität
V: Verantwortlicher
Eingang
Plan
Ist
M: Methode/Dauer
V: Verantwortlicher
E: Ergebnis
Abschluß
Plan
Ist

Plan
Ist
nn Z:
F:
V:
TT.MM.JJ
TT.MM.JJ
M:
V:
E:
TT.MM.JJ
TT.MM.JJ
TT.MM.JJ
TT.MM.JJ
           

ZULIEFERPLAN - Ausschnitt

Im Zusammenhang mit der im Laufe des Projekts erfolgenden Eingangsprüfung erwähnen Sie Methode oder Dauer, wiederum einen Verantwortlichen sowie das Ergebnis; der Plan-Termin für den Abschluß und der Ist-Termin kommen noch hinzu.
Die Spalte Einsatz dient Ihnen zur Kontrolle der Lieferung, wieder nach Plan und Ist.
Mit der Freigabe Ihrer Planungen auf der Phasenentscheidungssitzung (Start-PES) sind auch die geplanten Zulieferungen freigegeben. Lassen Sie die Freigabe der Investitionen in das PES-Protokoll aufnehmen. Bestellen Sie erst nach der Freigabe Ihrer Zulieferplanung. Erst dann dürfen Sie über den Einkauf die Bestellung mit einem Bestellformular anstoßen.
Überwachen Sie den Fortschritt des Zulieferungsprozesses wie den übrigen Projektprozeß! So haben Sie ein Frühwarnsystem und können sich auf Verspätungen einstellen und rechtzeitig gegensteuern.

Qualität

Güte und Beschaffenheit, die "Eignung für den Verwendungszweck" qualifizieren jedes Projekt. Die meisten Unternehmen haben sich verbindliche "Qualitätsgrundsätze" verordnet, die alle Mitarbeiter - im großen und im kleinen - verpflichten:

"Wer für eine Aufgabe zuständig ist, ist zugleich verantwortlich für die Qualität, mit der diese Aufgabe erledigt wird. In diesem Sinne umfaßt die Verantwortung für die Leitung einer Organisationseinheit zugleich die Verantwortung für die Einhaltung der Qualität der dort erzeugten Systeme, Produkte beziehungsweise der erbrachten Dienstleistungen - einschließlich der vereinbarten Termine und Kosten. ..."

Für die Verfolgung der Qualität der Projektergebnisse gibt es keine einfachen Hilfsmittel. Auf die Bedeutung der Richtlinie PHB sowie die Norm ISO 9001 wurde bereits hingewiesen. Die zugehörigen Tätigkeiten weisen Sie in der PROJEKTSTRUKTUR aus; sie müssen separat im QUALITÄTSSICHERUNGSPLAN erfaßt werden, damit man sie beachtet und damit man sie steuern kann.
Sie als Projektleiter müssen alle Maßnahmen zur Qualitätssicherung des in Ihrem Projekt erstellten Produkts veranlassen, dokumentieren und prüfen.

Qualitätsmerkmale

Anforderungen an die Qualität eines Produkts müssen bereits im Angebot beziehungsweise im Vertrag mit dem Auftraggeber benannt werden. Ohne vereinbarte Qualitätsmerkmale, also meßbare Eigenschaften, ist eine Steuerung des Projekts hinsichtlich seiner Qualität nicht möglich.

Produktqualität
  • Funktionalität
  • Zuverlässigkeit
  • Benutzbarkeit
  • Zeit- und Verbrauchsverhalten
  • Wartbarkeit
  • Übertragbarkeit
Dokumentenqualität
  • Inhalt
    • Vollständigkeit
    • Angemessenheit
    • Konsistenz
    • Fehlerfreiheit
  • Gestaltung
    • Verständlichkeit
    • Übertragbarkeit
    • Änderungsverhalten
Prozeßqualität
  • Vollständigkeit
  • Angemessenheit
  • Konsistenz
  • Plantreue

Qualitätssicherungsplan

Vereinbarte Qualitäten, zu deren Sicherung gehören auch sämtliche Reviews, halten Sie im QUALITÄTSSICHERUNGSPLAN fest. Er begleitet Sie von Anbeginn, so dass Sie die Durchführung der Maßnahmen gut kontrollieren können.

Alle Meilensteinergebnisse müssen inspiziert werden.
Für jedes herzustellende Ergebnis oder Zwischenergebnis (aus der PRODUKTSTRUKTUR) benennen Sie Maßnahmen (zum Beispiel Reviews, Prototypentwicklungen, im Projektverlauf frühzeitige Messungen), einen verantwortlichen Partner und einen Plan-Termin für die Einhaltung zugesagter Eigenschaften.
Ergebnis/
Zwischenergebnis
Maßnahme Partner Plan-
Termin
Ist-
Termin
Prüfergebnis
           

QUALITÄTSSICHERUNGSPLAN - Ausschnitt

Während der Projektsteuerung stellen Sie den Ist-Termin fest und notieren das Prüfergebnis. Die Berichterstattung hierzu erfolgt in der Regel mündlich auf der Basis des Soll-Ist-Vergleichs.

Qualitätskosten

Besonders kurz kommt immer noch die Betrachtung der Qualitätskosten. Will und / oder muß man Fehler aus Vertragsgründen oder Rentabilitätsgründen weitestgehend vermeiden, ist es richtig, viel zu investieren. Umgekehrt kann es sinnvoll sein, etwas weniger in die Fehlervermeidung zu investieren, weil Korrekturen während des Produkteinsatzes preiswerter sein können.

Die Summe aus Fehlerverhütungskosten und Fehlerbehebungskosten sollte im Interesse des Kunden ein Minimum ergeben.
Halten Sie die geschätzten Kosten für die Einhaltung der Qualitätsmerkmale gegen den Nutzen dieser Qualitätsmerkmale über den Einsatzzeitraum des Systems, um zu sehen, ob sich die Investition lohnt.

Arbeitspakete

Nach der Erstellung der PROJEKT- und ersten PHASENSTRUKTUR haben Sie eine Vorstellung von den Arbeitspaketen und dem dafür nötigen Aufwand. Das Was, das Wie und das Wann sind identifiziert; das Arbeitspaket ist die kleinste Einheit bei der Projektplanung- und steuerung.

Sowohl beim Strukturieren als auch bei der Aufwandsschätzung kann es sich zeigen, dass Arbeitspakete zu groß oder zu klein sind. Dann müssen Sie die Struktur verfeinern, Arbeitspakete in mehrere Teilaufgaben zerlegen, oder die Struktur vergröbern. Arbeitspakete à 2 - 6 Wochen lassen sich gut steuern.

Die Konkretisierung der allgemeinen Beschreibung von Arbeitspaketen dient     der Festlegung der erforderlichen Technik     der Art und Weise der Beschaffung     und als Basis für Aufwandsschätzung und Terminplanung.

Auch konkrete Abläufe orientieren sich an bewährten, wiederkehrenden Arbeitsreihenfolgen in wenigen Spielarten. Standardarbeitsfolgen garantieren sinnvolle Tätigkeiten und deren Vollständigkeit. Damit Sie rechtzeitig (just in time) mit dem gewünschten Ergebnis aufwarten können.

 Ein harmloses Arbeitspaket

Das AP "Testhilfen beschaffen" entpuppt sich als eine respektable Tätigkeitsfolge:

Auswählen der geeigneten Produkte: Informationen einholen ? Auswahlkriterien aufstellen - Konkurrenzprodukte bewerten - sich entscheiden.
Bestellen: Termin bestimmen (best and worst case) - Bestellprozedur durchlaufen.
Termine verfolgen: Wiedervorlage - Mahnen, Drohen, Selbsthilfe?
Erwartungsvoll installieren.
Eingangsprüfung vornehmen (wahlweise, aber der Bedeutung möglicher Fehler angemessen): visuell - Stichprobentest - Funktionalität (voll) prüfen.
Erproben.
Anwender einweisen und / oder schulen.

Arbeitspaketbeschreibung

Denken Sie beim Paketieren und Beschreiben der Tätigkeiten an die Bedeutung von Fundamenten. Die ausführliche und exakte Beschreibung der Arbeitspakete ist die Grundlage für die anschließende Bewertung in der Schätzklausur und die Aufgabenstellung für Ihre Mitarbeiter.

Arbeitsziel, Aufgabenstellung, Voraussetzungen und das Ergebnis eines Arbeitspaketes müssen aus der Beschreibung hervorgehen. (Bei der Terminplanung kommen noch die Ecktermine hinzu, Aufwands- und Terminplan).

Ein richtig definiertes Arbeitspaket umfaßt:

Eine ARBEITSPAKETBESCHREIBUNG muß mindestens enthalten:    den Projektnamen,    Nummer und Namen des Arbeitspakets,    eine Beschreibung des Ergebnisses,    die Kurzbeschreibung der durchzuführenden Tätigkeit und    eine Gruppennummer (optional).

 Schlusswort

Ein Mensch erhofft sich fromm und still,
dass einst er das kriegt, was er will.
Bis er dann doch dem Wahn erliegt,
und schließlich das will, was er kriegt.

Eugen Roth, 1895-1976, Redakteur und Schriftsteller

Weisheit

Die raffinierteste Maske ist das nackte Gesicht.

Peter Tille
1938 – 1996
deutscher Bibliothekar, Schriftsteller und Aphoristiker

Musikerwitz

Eine Schülerin, schon ein Jahr im Keyboardunterricht, probt ein neues Stück. Die Schülerin spielt immer an der gleichen Stelle einen falschen Ton.
Der Lehrer: "Spiel doch einfach F!"
Die Schülerin: "Schwarze oder weiße Taste?"